Augelesen – Kleist¶
Herausgegeben von Roland Reuß in Zusamenarbeit mit Peter Staengle
Das Bettelweib von Locarno
Der Findling
Die heilige Cäcilie oder die Gewalt der Musik
Die Verlobung in St. Domingo
Das Erdbeben in Chili
Seite 11
… es ging mir wie denen, die sich auf die Reise gebeben, um mit eignen Augen eine Stadt ihrer Sehnsucht zu schauen, und sich einbilden, man könne der Wirklichkeit den Zauber abgewinnen, den die Phantasie uns gewährt.
… überzeugt von der Feindseligkeit der violetten Vorhänge und der anmußendend Gleichgültigkeit der Pendüle, die ganz laut for sich hin schwatzte, als sei ich gar nicht da;
Seite 21
.. um die kostbaren Rohrmöbel herinzuholen damit sie nicht naß würden, im leeren, vom Platzregen durchfegten Garten sehen, wie sie ihre zerzausten grauen Haare zurückstrich, damit ihre Stirn den heilsamen Kräften von Wind und Regen um so mehr ausgesetzt sei.
… nicht aber etwa nach Maßgabe des ihr unbekannten Bestrebens, ihrem prunefarbenen Rock die Schlammspritzer zu ersparen …
Seite 23
… wenn ihr schönes Antlitz immer wieder schräg zum Himmel erhoben … mit den braunen, durchfurchten Wangen, die im Altern fast den malvenfarbenen Ton der Äcker zur Zeit der Herbstbestellung angenommen hatten …
Seite 25
… das zweimalige schüchterne, runde und goldene Klingeln der Glocke für die Besucher, so fragten alle gleich: »Besuch? Wer kann das sein?«
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Ist das nicht wunderhübsch, diese Bäume, dieser Weißdorn und mein Teich, zu dem Sie mir noch nicht einmal gratuliert haben…